Die Jagd nach dem Müll – Kooperationsbericht

Anfang 2023 machten sich sieben Quereinsteigende in Zusammenarbeit mit dem Jungen Schloss auf die Jagd zum Thema Müll. In der Ausstellung erkundeten sie den Müll in der heimischen Küche, bei der Müllabfuhr oder dem städtischen Verwertungshof wie auch unter der Erde und im Meer bis hin zum Mond. Das Landesmuseum hatte sich in seiner letzten Ausstellung vorgenommen, Kindern den täglichen Müll anhand von Müllmonstern aufzuzeigen, und ihnen die Aufgabe gestellt, diese Monster klein zu halten.

Durch eine ganzheitliche Kulturvermittlung der Museumspädagogik zeigt sich die ästhetische, kognitive und motorische Bildung und bietet eine fundierte Grundlage für eine bildungsübergreifende Projektarbeit in den Kitas. Die beteiligten Pädagog:innen konnten in einem individuellen Erfahrungsraum fundiertes und differenziertes Handwerkszeug der Kulturvermittlung bzw. ästhetischen Bildung erfahren. Der Museumsbesuch war als Impuls gedacht, um mit den Kindern in der Kita anhand ihrer Interessen eigene interdisziplinärer Projekte zu entwickeln. Neben den Besuchen der Ausstellung wurden die Quereinsteiger:innen von den Kurator:innen des Landesmuseums und andererseits von einer Mitarbeiterin aus unserem Netzwerk pädagogisch und inhaltlich unterstützt. Sprechen wir von Projektarbeit, dann ist damit das gemeinsame Forschen mit den Kindern gemeint. Der ständige Austausch über den Fortlauf des Projekts, ein Abstimmen, Abwägen und Diskutieren. Das Sich-in-Gespräche-Vertiefen und Gut-Hinhören, auch mal die Kontrolle abzugeben und Partizipation wirklich zu leben. Die Projektarbeit hat zum Ziel, sich im Prozess zu verlieren, den Fragestellungen der Kinder auf den Grund zu gehen und Teil einer (Forschungs-)Gemeinschaft zu sein. Und diese Gemeinschaft schafft etwas Großartiges: Sie schafft es, die unterschiedlichen Lebenswelten, Strukturen und Fluten von Informationen, von denen die Kinder tagtäglich umgeben sind, miteinander zu verknüpfen. Sie schafft ein Konstrukt, das Orientierung und Sicherheit bietet – eine gemeinsame Realität. Durch die vielen Lern- und Sinneserfahrungen und die Verknüpfung diverser Bildungsbereiche, ermöglicht uns die Projektarbeit, die Kinder in ihrer allseitigen Entwicklung zu fördern.

 

Der Projektstart

Ein Kita-Projekt kann durch vielerlei alltägliche Situationen ins Rollen kommen. Der Fund einer Schnecke im Garten, die Frage eines Kindes, warum es manchmal blitzt und donnert, oder die Idee eine:r Pädagog:in zu einem interessanten Themengebiet. Nach einem ersten gemeinsamen Besuch der Müllmonster-Ausstellung mit den Kurator:innen kehrten die Teilnehmer:innen mit sprudelnden Köpfen in ihre Kinderhäuser zurück. Nun war es an ihnen, den Projektstart zu initiieren. Die Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Teams stellten sich dabei als Dreh- und Angelpunkt für ein gelungenes Projekt heraus. Viele der Quereinsteigenden sammelten gemeinsam mit den Kolleg:innen Ideen, was die Kinder momentan besonders interessiert und brachten erste Ideen und Pläne in die Teamsitzung mit ein. So bekamen alle Teammitglieder einen Zugang zum Thema Nachhaltigkeit und konnten diesen immer wieder in eigene Impulse einfließen lassen. Viele nutzten für den Start die Müllmonster-Jagd. Ob angeleitet im Jungen Schloss, im Kitagarten oder auf öffentlichen Plätzen: überall waren sie zu finden! Kleine Monster, große Monster – die Kinder bekamen ein Gespür für die Allgegenwärtigkeit von Müll in ihrer Umwelt. Am eigenen Leib konnten sie erfahren, dass Nachhaltigkeit uns alle angeht. Denn auf zugemüllten Plätzen spielt es sich nicht gut und was da so rumliegt, kann auch gefährlich sein.

 

Interesse im Fokus

In Erzählkreisen und Diskussionen, während der Impuls- oder Gartenzeit sowie beim Mittagessen erzählten die Kinder vom Museumsbesuch und den Müllmonstern, die es zu bekämpfen galt. „Warum trennen wir Müll?“, „Ist alles Müll, was wir wegschmeißen?“, „Gibt es auch gute Müllmonster“ – Fragen wie diese trieben die Kinder um und boten den Pädagog:innen einen fruchtbaren Nährboden für weiterführende Impulse. Diese waren an den Interessen der Kinder orientiert und aufeinander aufbauend, sodass die Kinder sich selbstbestimmt durch den Prozess bewegen, unterschiedliche (Sinnes-)Erfahrungen machen und verschiedene Bereiche ihrer direkten Umwelt miteinander in Verbindung bringen konnten. „Alles, was wir dem Kind beibringen, kann es nicht mehr lernen“ schrieb einst Jean Piaget und unterschied mit seinem Satz das Ergebnis von Konsum vorgefertigten Wissens und dem selbstgesteuerten Lernen durch Erfahrungen. In kleinen Schritten untersuchten die Forschungsgruppen eine Thematik und versuchten, die Vermutungen der Kinder durch Experimente zu überprüfen. Es wurde gesammelt, gezählt und gebastelt. Eine der teilnehmenden Pädagog:innen berichtete, wie wunderbar und präzise einige der Vierjährigen mit Nadel und Faden umgehen konnten. Andere waren überrascht über die kreativen Lösungsansätze und den unersättlichen Wissensdurst. Durch passende Exkursionen wurden zusätzliche Eindrücke und Informationen beschafft – die Kinder lernten unbekannte Orte kennen und kamen mit Expert:innen ins Gespräch. Während eine Gruppe ein Müllauto der Abfallwirtschaft Stuttgart genau untersuchte, begab sich eine andere zum Fairkauf in Stuttgart Feuerbach und nahm erstaunt wahr, dass Dinge, die wir nicht mehr brauchen, für andere einen großen Wert haben können. In der Kita entstand, basierend auf dieser Erkenntnis, in einer Vitrine eine Tauschbörse, in die Eltern und Kinder Gegenstände aus dem privaten Gebrauch legen und gegen andere tauschen konnten.

 

Den Kindern eine Bühne geben

Nach wochenlanger gemeinsamer Forschungsarbeit flachte in vielen Häusern das Interesse der Kinder ab. Um ihnen eine Bühne zu geben und ihr Engagement während des Projektes hervorzuheben, diskutierten alle Beteiligten, wie die Forschungsergebnisse präsentiert werden könnten. In der gemeinsamen Reflexion mit dem Team und den Kindern kristallisierten sich mögliche Präsentationsformen heraus. Neben Ausstellungen und kleinen Vorträgen auf dem Sommerfest fand eine Modenschau statt, bei der die Kinder ihre aus Müll selbstgebastelten Kostüme zur Schau stellten – begleitet von der Musik eines DJs und dem Applaus der anderen Kinder. Sowohl dieses Verständnis der Projektarbeit als auch die element-i Pädagogik stellen Mündigkeit und demokratisches Denken und Handeln in den Mittelpunkt. Die Kinder erfahren am eigenen Leib, was es heißt, gesehen zu werden, eine Meinung zu vertreten und Teil einer Gemeinschaft zu sein. Die Zusammenarbeit mit Expert:innen aus der Museumspädagogik hilft dabei, neue Blickwinkel einzunehmen und komplexe Themen kindgerecht zu gestalten. Sie hilft, um die Ecke zu denken, den Erfahrungsspielraum zu erweitern und die pädagogische Arbeit in Kitas zu stärken. Wir danken den teilnehmenden Quereinsteigenden für ihr Engagement und die wunderbaren Aktionen mit den Kindern sowie den Kurator:innen für die Begleitung des Projekts und die kreativen Denkanstöße.

Patricia Sigg & Team

 

Ihre Ansprechpartnerin

Meike Betz-Seelhammer 
Leiterin element-i Bildungsstiftung